Frankfurt – Teil 1

Vom Müssen und Wollen.

Nach Frankfurt muss man. Selten sagt jemand: Ich will nach Frankfurt. Warum eigentlich? Eine Messe, ein geschäftlicher Grund, Termine – solche Begriffe verwenden die >Müsser<. Wie wäre es also, wenn man beschließt, nach Frankfurt zu wollen? Sich einfach ein nettes Hotel zu nehmen, die Stadt anzusehen und so richtig schön auf Entdeckungsreise zu gehen? Nun, sehen Sie selbst …

Der Zufall hat uns in das wohl netteste Viertel der Stadt gebracht – nach Sachsenhausen. Wunderschöne Villen, baumgesäumte Straßen, kleine Läden – und die meisten der typischen Äppelwoi-Lokale.

Im alteingesessenen >Zum Gemalten Haus< warten bodenständige Versuchungen auf die neugierigen Entdecker. Ein >Schoppen< Äppelwoi, dazu Frankfurter (ha, sie heißen hier gar nicht >Wiener<!) mit Sauerkraut und Senf aus dem Steinguttöpfchen am Tisch. Als Extra ordern wir die berühmte >grüne Soße<, manchmal auch >grie Soß'< genannt. Köstlich!

Seit Ende des 19. Jahrhunderts sorgt das Gemalte Haus mit all seinen Bildern an den Wänden für ein Stück kulinarische Heimat. Man setzt sich zu Unbekannten an den Tisch, rückt zusammen und wird so Teil einer gelebten Tradition. Auf diese Weise ist ankommen leicht.

Was andernorts zur Touristenfalle würde, ist hier ein warmherziger Ort, an dem Einheimische den Reisenden nicht nur ein Tischgespräch anbieten, sondern auch die wesentlichen Dinge erklären: …dass der charmante Kellner ein Wiener sei (obwohl der Herr ein echter Tiroler ist, wie sich später herausstellen wird) und dass Sachsenhausen für Frankfurter eine eigene Welt ist. Dass es rund um die grüne Soße alljährliche Wettbewerbe gibt und ihr sogar ein eigenes Denkmal gewidmet ist.

Traditionell stecken sieben verschiedene Kräuter in der dicken kalten Creme aus Sauerrahm. Wer den Wettbewerb um die beste grüne Soß‘ gewinnt, darf sich das restliche Jahr damit rühmen. Wir haben wohl beim ersten Versuch die weit und breit köstlichste grie Soß‘ erwischt, das behaupten wir jetzt einfach. Vielleicht hat uns der Äppelwoi milde gestimmt. Oder dieses interessante Getränk mit der gelborangen Kugel drin …

Die Neugierde war zu groß und die Bestellung rasch aufgegeben. Mispel in Calvados also, nie gehört, nie getrunken. Unsere Tischherren erklären, das sei das einzige, was man auf Äppelwoi trinken könne. Alles andere schmecke einfach nicht. Meine Herren, so ist es, prost! Auf Sachsenhausen, >dribb de Bach< gelegen. Doch wie ist’s wohl auf der anderen Seite? >Hibb de Bach<, in der Innenstadt?

Die Beantwortung dieser Frage verschieben wir auf den folgenden Tag und holen uns bei einem >Büdchen< die nächtliche Stärkung für den Spaziergang bis zum Hotel. Hier finden Nachtschwärmer, was sie nicht zuhause haben oder akut brauchen: Lakritze für einen Euro, bitte.

Mit zwei raschelnden Papiersäckchen in den Händen gehen wir quer durch Sachsenhausen über Kopfsteinpflaster. Vorbei an alten Villen mit gepflegten Gärten, in denen die ersten Frühlingsblumen tapfer ihre Köpfe aus der Erde stecken.

Hier geht’s zur Fortsetzung…

PS: Die abendliche Frankfurt-Ansicht ganz oben ist von sborisov – Fotolia.com.