Nordische Genüsse

Hell ist es. Sehr lange hell. Der Mitteleuropäer verschätzt sich gegen Abend gern um ein, zwei Stunden. Das Leben geht in Kopenhagen draußen weiter, bis tief in die Nacht. Der nordische Sommer ist kurz und will gelebt werden. Man trifft sich mit Freunden, trinkt eine unübersichtlich werdende Menge an heimischem Bier oder importiertem Wein. Nicht wenige wackeln ein bisschen, dort am Gehsteig vor der Bar, aber was soll’s. Sommer ist jetzt. Zeit zum Plaudern…

Tja, das dänische Bier. Wir haben uns durchgekostet. Zuerst das >Carlsberg<: Ein Anfängerbier, meint der Wikinger. Gesagt hat er sogar >Mädchenbier<, aber darauf gehen wir jetzt nicht weiter ein. Sagen wir einfach: Es ist ein nettes Bier. Eines ohne Kanten. Es schmeckt leicht, ist aber auch nicht schwächer als zum Beispiel österreichische Hopfensäfte. Auch >Tuborg< kommt hier an jeder Ecke vor. Auf Sonnenschirme gedruckt oder im Sechsertragerl transportiert, denn am Wasser schmeckt ein Bier gleich noch besser. Zugegeben, so ein Tuborg ist noch, äh, unauffälliger als ein Carlsberg. Das Vor-Anfängerbier quasi. Unsere Geschmacksnerven halten sich lieber an das Augustiner Bier. Oder an ein schönes Trumer Pils. Was mit Charakter halt. Doch keine Sorge, das mit dem Bier war beinharte Recherche-Arbeit. Wir wollten eben für alle Fragen gerüstet sein.

Jawoll, gegessen haben wir auch. In sehr bezaubernden Cafés und einer köstlichen Sushi-Bar. Dort wären wir zwar fast verhungert, denn nach Buenos Aires ticken die Abendessen-Uhren anders, doch der äußerst freundliche Kellner hatte wohl Mitleid mit uns – und einen guten Draht zur Küche… Tak! Dankeschön.

Der Runde Turm. Einer der wenigen Punkte auf unserer Besichtigungs-Wunschliste. Die Entdecker planen nicht so gerne, sondern überlassen die Reiseleitung lieber dem Zufall. In diesem Fall hatte uns Herr Zufall ein Bild vom Runden Turm unter die Nase gehalten. Müssen wir sehen. Haben wir auch. Dieser 34,8 Meter hohe Turm enthält das älteste funktionsfähige Observatorium Europas, ist mit der Alten Universitätsbibliothek verbunden und der Dreifaltigkeitskirche. Mitten in der Fußgängerzone schlängelt sich der gepflasterte Weg im Turminneren 7,5 mal um die eigene Achse. Schweres Observationsgerät oder dicke Bücher wurden mit dem Pferdewagen nach oben tranportiert, heute nützen den schönen Weg nur noch Zweibeiner. Es geht recht gemütlich aufwärts, man kommt an >Kysseboenken< vorbei, der Bussibank für müde Wanderer, und dem ehemaligen Plumpsklo. Als Belohnung wartet oben der Ausblick über Kopenhagens Dächer.

Unten, wieder zu ebener Erde angelangt, sticht uns wie ein Filmplakat von Pedro Almodóvar die frohe Botschaft ins Auge: Marimekko, diese großartige finnische Designfirma, kommt nach Kopenhagen. Hurra! Sogar die Fahrräder stehen farblich passend zum Plakat, diese Dänen haben einfach Geschmack – und wir wieder einmal Appetit…

14 Jahre hat es gedauert, aber nun stehen sie – die beiden Markhallen in Kopenhagen. Erst waren die Anrainer dagegen, dann heftig dafür. Inzwischen sind sie wohl glücklich, denn es ist ein kleines Kulinarikparadies, dort am Israels Plads. Hui, wir haben da Köstlichkeiten probiert. Ein Genuss wartet neben dem anderen, Slow-Food vom Feinsten. Neben hübsch anzusehendem Gemüse und prächtigen Blumen locken zahlreiche Stände mit internationalem Touch. Doch unsere Mission galt den Schwedenbomben, also den Schaumküssen oder – auf gut dänisch: Flødeboller.

So eine vor Ort hergestellte Schwedenbombe verbreitet akute  Freude im Mund: Die Schokolade  herrlich dick, das schaumige Innenleben mit polynesischer Vanille einfach himmlisch und – jetzt kommt’s: Der Boden ist aus Marzipan! Und das ist nur eine der Spezialitäten von Summerbird. Wir sind verliebt.

Diese Stadt ist einfach königlich. Man sieht ihre reiche Vergangenheit, man spürt ihre wohlhabende Gegenwart. Großzügig zeigt sie sich, großzügig lebt sie und lässt leben. Hilfsbereite Hände werden gereicht, wenn ein Rad zu fallen droht, Türen werden aufgehalten, ein Lächeln hier, ein Lächeln dort. Sogar die Auskunft nach der Toilette bei den neuen Markthallen wurde mit solcher Fröhlichkeit übermittelt, als gäbe es einen Grund zu feiern.

Dieses Lebensgefühl ist schlichtweg ansteckend. Man möchte sofort Däne oder Dänin werden. Oder zumindest wiederkommen, bald. Tja, in Kopenhagen könnten wir’s länger aushalten. Eine mehrwöchige Entdeckungseinheit à la Buenos Aires schwebt uns vor. Doch die Wohnungsmieten bringen uns nach abendlicher Internet-Rechereche schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Dänemark kostet. Aber Dänemark ist jede Krone wert. Wir werden wohl nur Tages-Dänen sein in nächster Zukunft… Doch vorher statten wir noch Schloß Rosenborg einen Besuch ab, die Königin gönnt ihrem Volk und seinen Gästen großzügig den Zutritt in den prachtvollen Garten. Und dort, inmitten der sonnigen Postkartenidylle werfen wir den Blick zurück auf drei Tage in der dänischen Hauptstadt, prallvoll mit inspirierenden Eindrücken. Wir kommen wieder, irgendwann…

 

 

 

PS: Das abendliche Bild ganz oben ist von Alexi Tauzin – Fotolia.com, die restlichen Aufnahmen sind Schnappschüsse der entdeckerei.