Kapitel 22 – Mehr Muße, mehr Tigre
Wir haben etwas für den Weltfrieden getan und uns ins Tigre-Delta zurückgezogen. Dort gibt es keine Hektik, keinen Advent und keine Straßen.
Uhrzeiten braucht man in diesem Paradies aus Flüssen nur, um den öffentlichen Wasserbus oder den einmal täglich vorbeischwimmenden Supermarkt nicht zu versäumen. Der aquatische Händler kommt durch Winken angelockt an den privaten Bootssteg und reicht, was das hungrige Herz begehrt. >Oest<, der wachsame Gastgeberhund der Entdecker, überprüft den Handel gewissenhaft.
Es ist eine friedliche Welt im Tigre-Delta. Gestört wird die grüne Ruhe nur von privaten Motorboten, nächtlichen Gewittern – oder unserem rasenmähenden Gastgeber und glühendem Gärtner Arturo.
Er betreibt eine eigene Hydrokultur und zieht Salat, Erdbeeren, Paprika, Kräuter und sogar die Bäume für den Park. Völlig ohne Erde sprießen die kleinen Pflänzchen, versorgt mit Wasser und Mineralsalzen. Diese Methode ist besonders in Brasilien verbreitet und wird von Arturo auch in Workshops erklärt. Regelmäßig kommen Schulklassen und staunen, wie einfach >Natur< funktioniert.
Schnecken und ähnliche Quälgeister haben hier keine Chance, und ernten lässt sich auf kleinstem Raum so allerhand… Wir haben täglich hausgemachte Erdbeermarmelade zum Frühstück gebracht bekommen, eigene Cherry-Tomaten und selbst gezogenes Basilikum auf dem Mittagessen entdeckt – nur das abendliche Henderl war wohl vom Festland importiert.
Ob großzügige Villa à la Pippi Langstumpf oder bescheidene Hütte, das Vorzimmer ins Wasserparadies ist der private Steg. Keiner gleicht hier im Delta dem anderen. Er wird zum Wartehäuschen für den Wasserbus, zum Einkaufszentrum oder zur Bar für den abendlichen Plausch.
Und irgendwann geht jeder Ausflug zu Ende. Dann blickt man wieder auf die Uhr, damit die >Lancha Collectiva< nicht ohne anzuhalten vorbeifährt. Sie nimmt die Entdecker wieder mit – zurück in Richtung Bahnhof, zurück auf festen Boden…
Wem das hier zu naturnah war, ist hier besser aufgehoben…